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[Rezension] Die Krimi-Ladys von Dedley End von Victoria Walters

Samstag, 7. Januar 2023

Die Krimi-Ladys von Dedley End von V. Walters; Rezension auf www.nanawhatelse.at
 

"Ja, ich lese ständig Krimis und Detektivgeschichten, und ich bin sogar nach einer berühmten fiktiven Detektivin benannt, aber jetzt mal im Ernst – wir können doch nicht wirklich selbst Ermittlungen anstellen." 

Aus: Die Krimi-Ladys von Dedley End von Victoria Walters, Seite 87

Das verrät der Klappentext

Im malerischen englischen Örtchen Dedley End betreiben Nancy Hunter und ihre Großmutter Jane eine Krimi-Buchhandlung. So aufregend ihre Bücher sind, so beschaulich ist ihr eigenes Leben – bis die Krimi-Ladys zu einem Empfang im Herrenhaus der Familie Roth eingeladen werden. Denn noch während des Begrüßungscocktails stürzt die schöne Lucy Roth über eine Brüstung in den Tod. Schnell wird klar, dass Lucy gestoßen wurde. Aber wer könnte sie ermordet haben und warum? Nancy und Jane beschließen, Nachforschungen anzustellen. Bald jedoch fragen sie sich, ob das eine gute Idee war. Denn der Mörder hat längst bemerkt, dass sie ihm auf den Fersen sind ... [Textrechte: Goldmann Verlag]

 

Klatsch und Tratsch, Klischees und Typen

Das beschauliche Dörfchen Dedley End (pun intended) bildet die stimmige Kulisse dieses Cozy-Crime-Romans. Jeder kennt jeden, und Klatsch und Tratsch ist die Währung schlechthin, denn Spektakel sind rar gesät in dem kleinen, in den Cotswolds gelegenen Örtchen.

Als in dem Herrenhaus am Hügel, um dessen Bewohner sich so manche Mythen ranken, seit sie dem Dorfleben vor 30 Jahren plötzlich den Rücken kehrten, bei einem Fest ein grausamer Mord geschieht, widmen sich die beiden Krimi-Ladys Jane und Nancy, welche die schnuckelige Krimi-Buchhandlung Dedley Endings führen, mit Volleifer und einer liebenswürdigen Portion Tollpatschigkeit der Aufklärung des Verbrechens.

Die Detektivarbeit des ungewöhnlichen Ermittlerduos geschieht oft auf ulkige Weise, streckenweise aber auch so ungeschickt und spannungslos, dass die Langatmigkeit des Romans als einer der größten Kritikpunkte genannt werden muss: Bis die Handlung wirklich in die Gänge kommt, ist man bereits in der Mitte des Romans angelangt; Mut zur Kürze hätte dem Reihenauftakt gut getan.

Das Figuren-Ensemble ist recht überschaubar, die Sympathieträger sogar noch überschaubarer. Der Großteil der Figuren fällt durch Naivität, Sensationsgier und den Willen, aus dem geschehenen Unglück größtmöglichen Profit zu schlagen, im ersten Drittel des Romans derart unangenehm auf, dass man sich im weiteren Verlauf schwer damit tut, mit den Figuren noch warm zu werden.

Die Figuren blieben für mich leider allesamt sehr typenhaft, ihre Beweggründe und Handlungen wahnsinnig überspitzte Erfüllungen der ihnen zugeordneten Klischees.

Holprig empfand ich auch die Dialoge. Haareraufend fragt man sich immer wieder: „Wer zum Teufel spricht so?“ – Schade um die Haare.

 

Die Krimi-Ladys von Dedley End von V. Walters; Rezension auf www.nanawhatelse.at

Whodunnit

Das Whodunnit-Moment hingegen ist äußerst gelungen: Praktisch keine Figur blieb von Verdächtigungen meinerseits verschont (nur den Butler, den habe ich nie verdächtigt – das einzige Klischee, das in dem Roman nicht bedient wurde). Die Lösung des Falles hatte ich so nicht kommen sehen und war gut durchdacht, wenn auch hier gewohnt dick aufgetragen wurde.


"Also echt, mir kommt das alles fast wie ein Traum vor.
Oder wie ein Roman, ein Agatha-Christie-Roman."

Aus: Die Krimi-Ladys von Dedley End von Victoria Walters, Seite 402

(Too) Cozy Crime oder: Nicht Fisch und nicht Fleisch

Die Kriminalgeschichte plätschert dahin, die unnötigen Längen machen ungeduldig. Das ist mitunter auch dem Umstand geschuldet, dass die Ermittlungen sowie das Geschehen rund um den Mordfall immer wieder in den Hintergrund treten, da weitere Handlungsstränge sich mit lange zurückliegenden Tragödien und Schicksalsschlägen in der Familie der beiden Buchhändlerinnen und Nancys Liebesleben befassen. Wer das Wort „Wirbelwindromanze“ zu seinen liebsten zählt, darf auf jeder zweiten Seite beglückt aufjauchzen.

Das Verhältnis war gefühlt leider ein etwas unausgeglichenes: Sehr viel unausgegorenes, die Handlung nicht voranbringendes Liebesdrama. Zu wenig Spannung, zu wenig Crime.

Die Krimi-Ladys von Dedley End ist kein Liebesroman, aber auch kein Roman, der „Ich bin ein Krimi!“ schreit. Auch wenn die beiden Elemente einander keineswegs ausschließen und sich in einem Text harmonisch ergänzen können, hatte ich bei diesem Roman stets das Gefühl, etwas in Händen zu halten, das weder Fisch noch Fleisch ist. Alles sein will. Unterm Strich aber recht wenig ist.

 

Fazit

Alles in allem punktet Die Krimi-Ladys von Dedley End mit einem reizenden Setting und ist ein unterhaltsamer, aber seichter Auftakt einer Krimi-Reihe, dessen Figuren, Handlungsstränge und Sprache mich leider nicht genug zu packen wussten, um die Fortsetzungen lesen zu wollen.



Die Krimi-Ladys von Dedley End von Victoria Walters

Originaltitel: Murder at the House on the Hill | Übersetzung: Aus dem Englischen von Gertrud Wittich | Taschenbuch, 476 Seiten | Goldmann | ISBN 978-3-442-49364-7

[Rezension] Der Nachbar von Patrícia Melo

Montag, 15. August 2022

Der Nachbar von Patrícia Melo auf www.nanawhatelse.at


Grundlage für das Verstandesgebäude, für Wissen, Erholung, Gesundheit, ist die Stille. Sie ist der tragende Balken. Lärm zersetzt uns. Macht uns verrückt. Und tatsächlich leben wir in einer Welt, in der der Ausverkauf der Stille bereits stattgefunden hat.

Aus: Der Nachbar von Patrícia Melo, Seite 149

[Rezension] Aufzeichnungen eines Serienmörders von Kim Young-Ha

Samstag, 9. Juli 2022

[Rezension] Aufzeichnungen eines Serienmörders von Kim Young-Ha auf www.nanawhatelse.at


Das Gefühl, Gedichte zu schreiben, die niemand liest, und das Gefühl, Morde zu begehen, von denen man niemandem erzählen kann, sind sich nicht unähnlich.

Aus: Aufzeichnungen eines Serienmörders von Kim Young-Ha, Seite 38

[Rezension] Baba Dunjas letzte Liebe von Alina Bronsky

Freitag, 22. April 2022

Baba Dunjas letzte Liebe von A. Bronsky - Rezension auf www.nanawhatelse.at


Seine innere Uhr ist durcheinander, schon immer gewesen,
aber ich glaube nicht, dass es mit der Strahlung zu tun hat.
Man kann sie nicht für alles, was blöd zur Welt kommt,
verantwortlich machen.
Aus: Baba Dunjas letzte Liebe von Alina Bronsky, Seite 5

1000 Fragen an mich selbst - #25 (Halbzeit!)

Sonntag, 5. September 2021

 

Eigentlich wollte ich die 1000 Fragen an mich selbst ganz knackig in einem Jahr beantworten. Wenn mich das letzte Jahr aber eines gelehrt hat, dann, dass es erstens immer anders kommt und zweitens, als man denkt. Heute gibt es also den Halbzeit-Beitrag: es geht unter anderem um Small Talk, Kunst, und das grüne Gras in Nachbars Garten.

Du kennst 1000 Fragen an mich selbst noch nicht? Im ersten Beitrag erkläre ich, was es damit auf sich hat. Hier entlang zum ersten Beitrag der Reihe 1000 Fragen an mich selbst.