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[Kurzrezension] Im Namen der Liebe von Peter Turrini

Sonntag, 26. Juli 2020



Solange die Existenz
und die Lage 
des Paradieses 
nicht geklärt sind 
halte ich mich 
an dich. 
Aus: Im Namen der Liebe von Peter Turrini, Seite 27

Das verrät der Klappentext: Am Anfang steht das Glück der jungen Liebe. Es folgen die ersten Trübungen. Sie steigern sich über Betrug und Lüge bis zum Kampf, führen in die Verzweiflung, fast in den Irrsinn und enden doch schließlich in der Versöhnung der Liebenden. In seinem Gedichtband schreibt Peter Turrini in einem Ton, der von sanfter Heiterkeit bis zu kühler Ironie, von sachlicher Ernsthaftigkeit bis hin zu schamloser Offenheit reicht, von der Entwicklung einer Liebe. [Textrecht: Suhrkamp]



Persönlicher Leseeindruck: Der Band – so heißt es in den einführenden Worten – enthält Gedichte, die sich mit allen Phasen des Liebens und Geliebt-Werdens beschäftigen, wobei schon hier latent das Memento Mori mitschwingt. Denn dass die Liebe ein Phänomen mit eher geringer Halbwertszeit und eine emotionale Möbiusschleife ist, deren Höhen zugleich ihre Tiefen sind, scheint innerste Überzeugung des Autors – oder zumindest Programm des dünnen Bändchens zu sein.


Wenn du gehst, will ich alles:
Das Geflüster.
Die Entdeckung.
Die Hingabe.
Die Raserei.
Den Schrei.
Das Aufatmen.
Das Verweilen.
Den Halbschlaf.
Zeit.
Wenn du bleibst, will ich nichts.
Aus: Im Namen der Liebe von Peter Turrini, Seite 41

Während einige der Gedichte auf der Zunge und im Herzen wie Schokoladeneis in der Sonne zergehen, manche Zeilen immer wieder gelesen werden wollen und dabei vollendet einfach sind, driften einige schnell und massiv ins Obszöne ab, wirken sprachlich lieblos und unausgegoren, leben von Vulgarität und Bildern, die mit Liebe so viel zu tun haben, wie ein Fisch mit dem Fliegen.

Einen Großteil der Texte würden wohl nur noch Menschen, die ein noch zynischeres Verhältnis zur Zweisamkeit als ich haben, noch als Liebesgedichte bezeichnen. Und die würden wohl nicht zu einem Gedichtband mit dem Titel Im Namen der Liebe greifen. Soweit meine Spekulation.

Vermutlich wäre an dieser Stelle sogar eine Triggerwarnung angebracht:
Selbstverletzung und -zerstörung haben nichts mit Liebe zu tun. Eifersucht hat nichts mit Liebe zu tun. Ignoranz und Gewalt haben nichts mit Liebe zu tun. Auch wenn sie angeblich im Namen der Liebe geschehen.


Die Wahrheit ist:
Ich bin unfähig
zu lieben.
Ich kann nur nicht genug
von dieser Unfähigkeit kriegen.
Aus: Im Namen der Liebe von Peter Turrini, Seite 111

Fazit: Für mich war der im Suhrkamp Verlag erschienene Gedichtband Turrinis ein durchwachsenes Leseerlebnis.


Im Namen der Liebe von Peter Turrini
Taschenbuch, 125 Seiten | Suhrkamp Verlag 2005 | ISBN: 978-3-518-45705-4