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Oft erfährst du von einer Frage hundertmal mehr als von einer Antwort.
aus: Silentium! von Wolf Haas, Seite 155. Textrechte: rororo
Klappentext: Jetzt ist schon wieder was passiert!
Wieder einmal ein Bischofskandidat, der aus dem ehrwürdigen Marianum hervorging – darauf ist man im Salzburger Knabeninternat besonders stolz. Wenn nur diese häßlichen Gerüchte nicht wären … Hat sich Monsignore beim Hygiene-Unterricht im Duschkeller einstmals an einem kleinen Zögling vergangen? Privatdetektiv Brenner soll ganz diskret herausfinden, ob sich der ehemalige Schüler auf der Psychiatercouch nur etwas zusammenphantasiert. Doch eine schreckliche Entdeckung beendet das allgemeine „Silentium!“ bald: 23 Plastiktaschen könnten nicht nur einer Bischofskarriere, sondern auch den Salzburger Festspielen den Garaus machen …
Der Roman erhielt einen der Deutschen Krimi-Preise 2000. [Textrechte: rororo]
Rezension: Silentium! ist das bereits vierte Buch der Brenner-Krimireihe von Wolf Haas.
Was sagt man über einen Roman, der einem stellenweise die Haare zu Berge stehen ließ, der einen mitunter unglaublich nervte, letztendlich aber doch irgendwie zu unterhalten wusste? Da Ehrlichkeit immer am längsten währt, zensiere ich meine Meinung zu diesem Buch nicht und erzähle euch, wie es dazu kommt, dass ich Silentium! mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstehe und der Meinung bin, dass man diesen Krimi zwar durchaus lesen kann, aber keinesfalls lesen muss.
Der Ermittler Brenner, der bereits aus den vorangegangenen Büchern der Reihe bekannt ist, wird gerufen, als ein ehemaliger Schüler eines altehrwürdigen Burscheninternats den Bischofs-Kandidaten beschuldigt, er hätte ihn – wie Brenner sich ausdrückt – in seiner Schulzeit gedingst. Als eine zerstückelte Leiche im Internat gefunden wird, ermittelt Brenner allerdings nicht länger wegen eines Sexualdelikts, sondern wegen Mordes. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf ein Netz aus Intrigen und Gaunerei , das sich über halb Salzburg zu spannen scheint und mehr und mehr Leute von Rang und Namen mit dem Verbrechen in Verbindung bringt. Hier wurde – gelinde gesagt – etwas dick aufgetragen. Brenner stolpert praktisch von einem Verbrechen zum anderen, ein Tatort präsentiert sich grausiger als der andere und bei alledem wirken das Vorgehen und die Denkweise des Ermittlers ungemein schwerfällig. Nicht selten wirkt Brenner wie die personifizierte Inkompetenz und man beginnt sich zu fragen, was diese Figur als gerissenen Ermittler auszeichnen soll. Obwohl eigentlich allerhand auf nur wenigen Seiten passiert, gelingt der Spannungsaufbau nicht; dazu trägt sowohl die grotesk-gemütliche Charakterisierung des Protagonisten als auch die Überladenheit der Handlung, gepaart mit einem Zu-Wenig an Authentizität bei.
Und natürlich beste vertrauensbildende Maßnahme, die es auf dieser Welt gibt: über einen Abwesenden schlecht reden.
aus: Silentium! Von Wolf Haas, Seite 28. Textrechte: rororo
Die Erzählerstimme tut ihr Übriges, um den Leser zu zermürben. Zwar ist der stark an der Umgangssprache orientierte Erzählstil ein Charakteristikum der Brenner-Reihe (Wolf Haas spielt als Linguist auf unvergleichliche Weise mit der Sprache!), aber ehrlich: DAS muss man mögen. Die Sätze wirken ungrammatisch und hölzern, der Erzähler spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und greift immer wieder in Schubladen, die am besten verschlossen blieben. Zwar gewöhnt man sich an den recht eigenwilligen Stil, ob man ihn aber auch lieben lernt, sei dahingestellt. Für mich stellte er eher ein Hindernis dar, über das ich immer und immer wieder stolperte und das mir den Zugang zum Erzählten erschwerte.
Die Schauplätze des Romans, allen voran die weltbekannten und gut versteckten Plätzchen in der Salzburger Altstadt, nehmen einen großen Stellenwert ein. Für mich als alte Salzburger Häsin war es eine spannende Erfahrung, gemeinsam mit Brenner in Gedanken die Gassen Salzburgs entlang zu schlendern, mit ihm auf den Mönchsberg zu spazieren und die Salzburger Festspiele zu besuchen. Obwohl ich den Roman aufgrund der Tatsache, dass mich der Schreibstil immer wieder innerlich zusammenzucken oder die Nase rümpfen ließ und mich auch die Handlungselemente nur mäßig zu begeistern wussten, nur bedingt weiterempfehlen würde, konnte ich den Reiz, den Regionalkrimis auf so manche ausüben, bei der Lektüre durchaus (zumindest stellenweise) nachvollziehen.
Persönliches Fazit: Silentium! ist ein Krimi mit Lokalkolorit, der den Leser sowohl auf inhaltlicher als auch sprachlicher Ebene herausfordert. Für eingefleischte Regionalkrimi-Fans vermutlich ein makabrer Genuss, für mich ein einmaliger Ausflug in ein Sub-Genre, das zwar reizt, aber eben doch nicht genug.