Der Mann hatte eine außergewöhnliche, überdimensionierte, atemberaubende Liebesfähigkeit. Er liebte und liebte und liebte und liebte. Und wen liebte er? Er liebte – sie. Wie sehr? – So sehr.Aus: Ewig Dein von Daniel Glattauer, Seite 41
Das verrät der Klappentext: Im Supermarkt lernt Judith, Mitte dreißig und Single, Hannes kennen, der ihr im Gedränge auf die Ferse steigt. Kurz darauf taucht er in dem edlen kleinen Lampengeschäft auf, das Judith, unterstützt von ihrem Lehrmädchen Bianca, führt.
Hannes, Architekt, ledig und in den besten Jahren, ist nicht nur der Traum aller Schwiegermütter – auch Judiths Freundeskreis ist restlos begeistert. Anfangs genießt es Judith, von diesem zielstrebigen Mann, der nur sie im Kopf zu haben scheint, auf einen Thron gehoben zu werden.
Aber nach und nach empfindet sie seine ständigen Liebesbeweise als erdrückend. Sie fühlt sich von ihm ins Ecke gedrängt, eingesperrt und kontrolliert. All ihre Versuche, ihn wieder aus ihrem Leben zu kriegen, scheitern; er verfolgt sie bis in ihre Träume, und wenn sie aufwacht, wartet er schon wieder auf sie, um ihr Gutes zu tun ... [Cover- und Textrechte: Deuticke]
Hannes, Architekt, ledig und in den besten Jahren, ist nicht nur der Traum aller Schwiegermütter – auch Judiths Freundeskreis ist restlos begeistert. Anfangs genießt es Judith, von diesem zielstrebigen Mann, der nur sie im Kopf zu haben scheint, auf einen Thron gehoben zu werden.
Aber nach und nach empfindet sie seine ständigen Liebesbeweise als erdrückend. Sie fühlt sich von ihm ins Ecke gedrängt, eingesperrt und kontrolliert. All ihre Versuche, ihn wieder aus ihrem Leben zu kriegen, scheitern; er verfolgt sie bis in ihre Träume, und wenn sie aufwacht, wartet er schon wieder auf sie, um ihr Gutes zu tun ... [Cover- und Textrechte: Deuticke]
Mein persönlicher Eindruck: Liebe ist nicht gleich Liebe. Nicht jeder Mensch braucht gleich viel Liebe, nicht jeder Mensch verträgt gleich viel Liebe. Judith fühlt sich geschmeichelt von Hannes' unablässigen Bemühungen, von seiner Art sie anzuhimmeln, seinem Denken, das nur um sie zu kreisen scheint. Sie fühlt sich geschmeichelt, doch auch zunehmend beunruhigt, denn schon bald drohen seine Zuneigung und Gegenwart sie zu erdrücken. Judith, die einem als starke, in ihrer Persönlichkeit gefestigte junge Frau präsentiert wird, erkennt: Sie muss sich von Hannes trennen. Doch da hat das Katz-und-Maus-Spiel erst begonnen. Denn wenn der Feind die eigenen Gedanken kontrolliert, wohin kann man sich dann noch flüchten?
Während ich mit Daniel Glattauer bislang vor allem seine wortwitzig-humorigen Kolumnen und zu Herzen gehenden Liebesgeschichten verband, wartet er mit Ewig Dein definitiv mit deftigerer Kost auf. Wortspiele, einen durch und durch ironischen Erzähler, eindeutige Zweideutigkeiten und den klassischen Glattauer-Sound bekommt man jedoch auch hier serviert.
Hannes ließ ihr keine Wahl. Er wählte. Er war ihr immer drei Schritte voraus. Das hieß: Sie kam nicht dazu, gezielte Schritte zu setzen. Sie stolperte den Geschehnissen hinterher. Sie war im Schlepptau seiner emotionalen Hochgebirgstouren.Aus: Ewig Dein von Daniel Glattauer, Seite 41
Gaslighting, Stalking, der Wahnsinn toxischer Beziehungen: Glattauer hat sich mit Ewig Dein an ein brisantes und wichtiges Thema gewagt. In dem Roman verfolgt man Schritt für Schritt und mit angehaltenem Atem die perfide Masche, die Hannes nutzt, um seine Auserwählte, ganz zu der Seinen zu machen. Ob diese will oder nicht. Er love-bombt Judith, überschüttet sie mit Aufmerksamkeiten, isoliert sie zunehmend, lässt sie selbst und ihren Bekanntenkreis an ihrem Urteilsvermögen zweifeln und kein Nein gelten. Denn: Er, nur er, kann Judith vor sich, der Welt, den anderen Männern retten; er, nur er, weiß, was sie will, was sie braucht, wer sie im Innersten ist.
Und so wird der Spieß nur allzu leicht umgedreht, das Opfer wird zum paranoiden Freak, der Täter zum unschuldigen Lamm, das zu Unrecht am Pranger steht. Doch Judith, die einem ab Seite 1 als durchsetzungsstarke, fest im Leben stehende Frau präsentiert wird, kämpft – mit allem, was sie hat –, um sich aus seiner krankmachenden Umklammerung zu befreien.
Plot und Setting der Story gefallen mir sehr gut. Die Aktualität des 2012 erschienenen Romans ist ungebrochen; im Gegenteil: Themen wie Love-Bombing, Stalking, die Dynamik toxischer Beziehungen und Consent scheinen aktuelle denn je.
Auch sprachlich empfinde ich den Roman gelungen. Glattauer versteht es, mit Worten zu spielen und jede Menge zwischen die Zeilen zu packen.
Dennoch bleibt nach Zuklappen des Buches ein etwas schaler Nachgeschmack: Mir persönlich fehlten die Höhepunkte in dem Roman. Eigentlich Dramatisches wird oft wie im Vorübergehen in wenigen Sätzen erzählt. Diese ganz schleichende Steigerung der Spannung unterstreicht womöglich ganz gut, wie langsam, strategisch, unaufgeregt Hannes sein Netz aus Lügen spinnt; ich persönlich habe sie als quälend empfunden. Selbst die Auflösung der Geschichte, in der Judith eine Bombe platzen lässt, sorgt für keinen lauten Knall. Auch wenn ich plumper Effekthascherei nichts abgewinnen kann, so hätte ich mir doch eine etwas dramatischere Inszenierung der Plot Twists, die ja durchaus gegeben sind, gewünscht.
Auf der Zunge lag ihr: „Wir werden uns sicher wieder einmal über den Weg laufen.“ Doch sie legte noch eine schmerzstillende Dosis Zweckoptimismus darüber und wählte: „Wir werden uns bestimmt nicht aus den Augen verlieren.“ Jetzt lachte er mit seiner gesamten Weißzahnpalette: „Nein, das werden wir bestimmt nicht.“ Sie stand auf und wandte sich, um einen dramatischen Abschiedskuss zu verhindern, sofort dem Ausgang zu, „Das werden wir bestimmt nicht, Liebling“, rief er ihr nach.Aus: Ewig Dein von Daniel Glattauer, Seite 71
Fazit: In Ewig Dein entfaltet sich eine beklemmende Stalking-Geschichte mit einem Hauch Wiener Lokalkolorit, der eine kleine zusätzliche Portion Spannung nicht geschadet hätte.
Empfehlenswert: Die Verfilmung des Romans (Regie: Johanna Moder, 2024), in der zugunsten des Spannungsaufbaus gelegentlich von der Vorlage abgewichen wurde, ist absolut gelungen.
Ewig Dein von Daniel Glattauer
Gebundene Ausgabe, 208 Seiten | Deuticke | ISBN 978-3-552-06181-1
6 Kommentare:
Hey...
wieder mal eine supertolle Rezension!
Ich liebe deinen Schreibstil ja total... :)
ooh.. dankeschön! :)) .smile.
Ganz tolle Rezension meine Liebe. Wie immer ;-)
Ich bin am 10.04. auf eine Lesung von ihm. Weiss gar nicht, ob ich es am besten vor der Lesung noch lese oder erst danach. Weiß ja nicht wieviel er davon vorliest. Bin da etwas unsicher.
LG
Ise
Hey liebe Ise :)
Seine Lesungen sind immer "relativ" lang (:
Ich war bei zwei Lesungen von ihm, jedoch waren beides fröhlichere Bücher als "Ewig Dein".
Gute gegen Nordwind hatte ich schon vorher gelesen..
bei Theo hingegen, bin ich zuerst zur lesung gegangen und habs erst danach gelesen :)
Vielleicht ists ganz schön sich überraschen zu lassen :D
Ich kann dir jedenfalls versprechen, dass Daniel Glattauer ganz ganz wunderbar und mit viel Gefühl zu lesen versteht und wünsch dir vieeel Vergnügen :))
PS: Dankeschön(:
Ich finde es immer besonders interessant, wenn sich Autoren auch in anderen Thematiken versuchen und scheinbar ist ihm das gelungen. Hab "Gut gegen Nordwind" noch ungelesen hier und falls es mir gefällt, werde ich auch "Ewig dein" lesen. Ganz toll geschriebene Rezi.
Liebe Grüße, Diti
geht mir ebenso, lieber Diti :) Ich wünsch dir ganz viel Vergnügen mit "Gut gegen Nordwind", ich denke es wird dir unglaublich gut gefallen (:
Ich schick dir liebe Grüße :)
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