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[Rezension] Palast der Finsternis von Stefan Bachmann

Montag, 13. November 2017

Rezension "Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann www.nanawhatelse.at


Ich glaube einfach nicht daran, dass die Menschen im Grunde ihres Herzens gut sind. Im Gegenteil: Ich glaube, dass die Leute im Grunde ihres Herzens am allerschlimmsten sind.
aus: Palast der Finsternis von Stefan Bachmann, Seite 44. Textrechte: Diogenes

Klappentext: Kannst du auch in riskanten Situationen Ruhe bewahren? Besitzt du besondere Talente, von denen niemand weiß? Hast du den Ehrgeiz, etwas zu tun, was noch niemand vor dir gewagt hat…? Für diese geheimnisvolle und geheime Expedition sind die Außenseiterin Anouk und vier weitere erfolgreiche Kandidaten nach Paris gereist. 
Ihr Auftrag: einen unterirdischen Palast zu erforschen, den ein verrückter Adliger vor der Französischen Revolution für seine Familie erbauen ließ. Doch hinter der Tür mit dem Schmetterlingswappen erwartet die Jugendlichen in jedem Raum eine neue Gefahr und ein neuer Abgrund, den sie nur gemeinsam bezwingen können. [Textrechte: Diogenes]


Rezension: Ein geheimnisvoller, unterirdischer Palast unter Paris, der seit Jahrhunderten nicht betreten wurde. Eine Gruppe Teenager mit außergewöhnlichen Begabungen, die die dunklen Gänge erkunden soll. Ein Geheimnis, das düsterer ist, als die Finsternis, die in den alten Gemäuern herrscht … Was anfänglich wirkt wie eine Abenteuergeschichte mit Gruselpotential entpuppt sich bald als paranormale Story, die voller Verschwörungen und skurriler Plot-Twists ist und mit einem außergewöhnlichen, wenn auch leider sehr blassen Romanpersonal aufwartet.

Die junge Protagonistin Anouk ist eine Herausforderung für den Leser. Gezeichnet von der Abweisung und Lieblosigkeit, die sie in ihrer Adoptivfamilie erfährt, ist ihr Vertrauen in alles und jeden vollkommen erschüttert; sie lässt niemanden an sich heran, verhält sich grob und unfreundlich und stellt nicht nur die Nebenfiguren, sondern auch ihr lesendes Publikum auf eine harte Geduldsprobe. Die Jugendlichen, von denen man leider bis zum Schluss nur ein sehr vages Bild bekommt, die lediglich für die Erkundung des alten Palastes in Paris zusammengefunden haben und die abgesehen von ihrer bevorstehenden Mission nur wenig zu verbinden scheint, werden bald zu Verbündeten in einer Sache um (ewiges) Leben und Tod.


Er ist arm und ich bin reich, und beide glauben wir, wir wären jeweils trauriger und verletzter als der andere. Aber für Schmerz gibt es kein Maß. Wie wunderbar wäre es, wenn es auch keine Grenze für Mitleid gäbe.
aus: Palast der Finsternis von Stefan Bachmann, Seite 175. Textrechte: Diogenes


Die Handlung schlägt Haken wie ein junger Hase, der Verlauf ist teilweise kaum nachvollziehbar, viele zentrale Elemente werden wie beiläufig abgehandelt, andere Fragen bleiben bis zuletzt offen und man wartet leider vergebens darauf, unter die Oberfläche der Figuren vordringen zu können.
Die Auflösung ist gleichermaßen überraschend wie enttäuschend, noch nachdem man die letzte Seite gelesen hat, wartet man auf einen Sprung in die Tiefe, der einem Aha-Effekte liefert und Rechtfertigung dafür ist, dass man sich durch knapp 400 Seiten äußerst wirrer Handlung gekämpft hat. Auch wenn weder die Figurencharakterisierung, noch der Handlungsaufbau wirklich überzeugen können, wird man vom schier endlosen Ideenreichtum, der hinter der Story steckt, positiv überrascht, was den Roman trotz aller Mängel zu einem Pageturner macht. 

Schade, dass viele der Ideen über die Seiten hinweg nicht gereift sind, weshalb man schlussendlich das Gefühl hat, nichts Halbes und nichts Ganzes mit diesem Roman zu bekommen. Keinen ausgefeilten Abenteuerroman, keine Gruselgeschichte, keinen historischer Roman, keine innovative Fantasy – sondern von allem nur ein bisschen, was schlussendlich viel, aber dennoch zu wenig ist.


Und am Ende ist das die Menschheit: eine endlose, dickköpfige Plage.
aus: Palast der Finsternis von Stefan Bachmann, Seite 385. Textrechte: Diogenes 


Persönliches Fazit: Palast der Finsternis ist eine wilde Mischung aus Fantasy mit alchemistischem Hauch, Abenteuer-Jugendroman mit einem zögerlichen Happy-End und verworrenem Splatter. Das spannende Setting, das zwischen dem von der Revolution gebeutelten Frankreich des 18. Jahrhunderts und dem Frankreich der Gegenwart pendelt und in dessen Mittelpunkt der Palast der Finsternis steht, kann das Zuviel an unausgegorenen Ideen und unausgereiften Figuren leider nicht wettmachen, sodass der Roman zwar kurzweilige Unterhaltung bietet, man das Buch aber schlussendlich ratlos und etwas unbefriedigt zuklappt.


Rezension "Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann www.nanawhatelse.at







Autorin: Stefan Bachmann
Titel: Palast der Finsternis
Originaltitel: A Drop of Night
Übersetzung: Stefanie Schäfer
Einband: Paperback
Verlag: Diogenes
Seitenanzahl: 400
ISBN: 978-3-257-30055-0