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[Rezension] The Handmaid’s Tale von Margaret Atwood

Donnerstag, 24. August 2017

The Handmaid's Tale - Margaret Atwood. Rezension/Review www.nanawhatelse.at


We were the people who were not in the papers. We lived in the blank white spaces at the edge of print. It gave us more freedom. We lived in the gaps between the stories.
Aus: The Handmaid's Tale von Margaret Atwood, Seiten 66-67. Textrechte: Penguin Vintage.


Klappentext: The Republic of Gilead offers Offred only one option: to breed. If she deviates, she will, like all dissenters, be hanged at the wall or sent out to die slowly of radiation sickness. But even a repressive state cannot obliterate desire – neither Offred’s nor that of the two men on which her future hangs. [Textrechte: Penguin Vintage]

Rezension: The Handmaid's Tale von Margaret Atwood ist der wohl schockierendste Roman, den ich je gelesen habe. Die stilistisch brillante Gratwanderung zwischen Fiktion und brutalem Realismus ließ mir das Atmen schwer fallen. Atwoods dystopische Schreckensvision handelt von wahrgewordenen Albträumen: sozialen Zusammenbrüchen, Machtspielchen, krankem Fanatismus, bitterem Hass, blindem Gehorsam und gefährlicher Gleichgültigkeit. Und dabei von so viel Liebe und Hoffnung, dass einem ganz schwindlig wird.


My name isn't Offred, I have another name, which nobody uses now because it's forbidden. I tell myself it doesn't matter, your name is like your telephone number, useful only to others; but what I tell myself is wrong, it does matter. I keep the knowledge of this name like something hidden, some treasure I'll come back to dig up, one day.
Aus: The Handmaid's Tale von Margaret Atwood, Seite 94. Textrechte: Penguin Vintage.

Berichtet wird von einer Zukunft, die bereits vergangen ist, von einer christlich-fundamentalistisch geprägten Ära Amerikas, eines Amerikas mit streng hierarchischen Strukturen. Erzählt wird vom Leben in einer Zeit, in der Frauen keine Identität zugestanden wird, in der ihnen ihr Eigentum genommen wird und sie selber zu Eigentum werden: zu Offed, zu Ofglen, zu Ofwarren. Gilead ist ein Staat, in dem Andersdenkende eliminiert und Frauen wie Gebärmaschinen behandelt werden, ein Staat in dem zwischenmenschliche Nähe nur eines ist: gefährlich.


The moment of betrayal is the worst, the moment when you know beyond any doubt that you've been betrayed: that some other human being has wished you that much evil. It was like being in an elevator cut loose at the top. Falling, falling, and not knowing when you will hit.
Aus: The Handmaid's Tale von Margaret Atwood, Seite 203. Textrechte: Penguin Vintage.

Nie zuvor hat mich das Lesen eines Romans zum Frösteln gebracht. Diese Dystopie hat geschafft, was so mancher Psycho-Thriller vergeblich versucht. Er hat jede meiner verborgenen Ängste hervorgekramt, hat individuelle Schicksale vorgestellt, die universelle Angstträume durchleben, die in keiner Realität vorstellbar erscheinen und doch scheinbar nur haarscharf an den Realitäten vergangener und gegenwärtiger Zeiten vorbeischrammen.

Die Protagonistin Offred, die der Erzählung, diesem Mosaik an Schrecknissen, ihre Stimme leiht, erzählt von früher, der Zeit davor, lässt einen fühlen, wie schmerzlich man vermissen kann, wie schnell Hoffnung in einem totalitären Regime zum kostbaren Lebenselixier wird.


The Handmaid's Tale - Margaret Atwood. Rezension/Review www.nanawhatelse.at


Margaret Atwood ist ein sprachlich einzigartiger, kluger und ungemein bedrückender Roman gelungen, in dem sich ein (un)vorstellbares Gesellschaftspanorama entfaltet, das beim Leser/der Leserin jede Alarmglocke laut schrillen lässt.


Every night when I go to bed I think, In the morning I will wake up in my own house and things will be back the way they were.
It hasn't happened this morning, either.

Aus: The Handmaid's Tale von Margaret Atwood, Seite 209. Textrechte: Penguin Vintage.

Persönliches Fazit: 1985 geschrieben, wird Atwoods dystopischer Roman bereits heute als moderner Klassiker bezeichnet, eine Einschätzung, die ich nur teilen kann. Die vielen Themen, die in ihm verhandelt werden, sind von zeitloser Brisanz und Wichtigkeit, denn so unglaublich absurd, morbide und seelenlos einem das Erzählte erscheint, spiegelt es oft doch nur das wider, was man tagtäglich in den Nachrichten liest.










Autor: Margaret Atwood
Titel: The Handmaid's Tale
Einband: Taschenbuch
Verlag: Vintage
Seitenanzahl: 320
ISBN: 978-0-099-74091-9