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[Rezension] Die Klaviatur des Todes von Michael Tsokos

Dienstag, 5. Mai 2015

Rezension "Die Klaviatur des Todes" von Michael Tsokos www.nanawhatelse.at Der Salzburger Buch-Blog.
Foto: www.nanawhatelse.at, Bildrechte (Cover): © Droemer Knaur

Zitatrecht © Droemer Knaur

Warum mich die Rechtsmedizin so fasziniert: Nachdem ich ein Semester an der Universität Salzburg einer Vorlesung von Frau Professor Tutsch-Bauer – einer der führenden Gerichtsmedizinerinnen Europas (!) – beiwohnen durfte, deren Ausführungen zu den Möglichkeiten der modernen Rechtsmedizin und detaillierte Schilderungen von aktuellen Fällen mich derart zu fesseln und auf spannende Art zu belehren wussten, dass ich seither CSI, Tatort und Konsorten nicht mehr ansehen kann, ohne alle zwei Minuten mit den Augen zu rollen, war für mich klar: dieses Buch ist ein Must-Read! Diese Vorlesung hatte meine Neugierde und meine Faszination für dieses makabre Gebiet der Medizin entfacht und so freute ich mich unglaublich, als "Die Klaviatur des Todes" in mein Bücherregal einzog. Der Autor, Michael Tsokos, ist internationaler Experte auf dem Gebiet der Forensik und Professor für Rechtsmedizin. Von diesem Buch erhoffte ich mir weitere interessante Einblicke in die Welt der forensischen Pathologie und Genetik und der klinischen Rechtsmedizin.

Rezension: Anhand jüngster Fälle zeigt Michael Tsokos auf, wie die Gerichtsmedizin zur Aufklärung von Todesfällen und/oder Verbrechen beiträgt. Nach einem kurzen Prolog werden thematisch gebündelt auf reißerische Weise Fälle präsentiert. Während es im Prolog noch heißt: „Anders als unsere Pendants im Fernsehen sind wir Rechtsmediziner im wahren Leben ganz normale Menschen…“, schien der Autor diese Erkenntnis während des Schreibens immer öfter weitestgehend verdrängt zu haben. Leider wirkten die Dialoge zwischen den GerichtsmedizinerInnen und den ErmittlerInnen nicht selten, als wären sie einer amerikanischen Krimi-Serie entsprungen. Auch, dass an einigen (wenn auch wenigen) Stellen tief in die Klischeekiste gegriffen wurde, störte mich leider. Dennoch fühlte ich mich gut unterhalten: vor allem da, wo nicht versucht wurde, auf Biegen und Brechen Thrillerstimmung heraufzubeschwören, sondern auf interessante und anschauliche Weise Hintergrundinformationen und Fachwissen vermittelt wurden. Die geschilderten Fälle reichen von heimtückischem Mord aus Eifersucht, Kindesmisshandlung und Sexualdelikten bis hin zu Selbstverletzungen und den Versuchen von zahlungsunwilligen Vätern, das gerichtsmedizinische Labor auszutricksen, im Bemühen künftigen Alimentenzahlungen zu entgehen. Einzig der Mittelteil, der den vielfältigen Ursachen und Merkmalen von Kohlenmonoxidvergiftungen gewidmet wurde, wies meines Empfindens nach merkliche Längen auf.

Zitatrecht © Droemer Knaur

Gestaltung: Das Taschenbuch ist schlicht und ansprechend gestaltet: Kein WOW-Erlebnis, aber auf den Punkt gebracht.

Mein persönliches Fazit: Alles in allem bleibt die Hoffnung, dass meine Professorin doch noch zu Papier und Feder greift und ein für Laien verständliches Buch schreibt. Denn während die toughe Gerichtsmedizinerin, die ich live erleben durfte, ungeschönt und dennoch vor Begeisterung für ihren Beruf sprühend von ihren Erfahrungen erzählte und uns StudentInnen mit ihren detaillierten Erläuterungen faszinierte und eine Gänsehaut nach der anderen bescherte, schafft es Michael Tsokos‘ Buch nicht, den Funken überspringen zu lassen: auf mich wirkte es leider zu gewollt, als dass ich es hätte ernst nehmen können. Man merkt dem Buch an, dass der Autor stellenweise lieber einen Thriller, als ein populärwissenschaftliches Buch geschrieben hätte (Diese Ambitionen konnte er gemeinsam mit Thrillerautor Sebastian Fitzek in „Abgeschnitten“ (gelungen!) ausleben). 

Dennoch war die Lektüre interessant und relativ kurzweilig, sodass ich trotz einiger Kritikpunkte 3 von 5 Gerrys vergebe!