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[Rezension] Was geschah mit Mara Dyer? von Michelle Hodkin

Sonntag, 24. November 2013

Schon so unglaublich oft [!!!] habe ich bei anderen Lesemäuschen und Bloggern gelesen, wie sehr es stören kann, nicht zu wissen, ob es sich um einen Einzelband oder eine Reihe handelt, ob Fortsetzungen zu erwarten sind oder man eine abgeschlossene Geschichte vor sich liegen hat. Selten hat mich diese Frage so gewurmt, wie in diesem Fall. Denn ich war, bis ich bei der letzten Seite angelangt war, fest davon überzeugt, es mit einem Einzelband zu tun zu haben. Ätsch, liebe Nana. Falsch gedacht. Ich habe ja auch gar nichts gegen Reihen - nur wär's eben ganz nett "Auftakt einer Reihe/ Erster Band der Trilogie XY/Pustekuchen mit Schlagsahne" irgendwo geschrieben zu sehen und nicht erst eine halbe Stunde im Internet rumwuseln zu müssen. Dass man sich nicht selten mühsamst die Informationen zusammenkratzen muss und manchmal viel zu wenig bis kaum Wert auf Transparenz für den Leser gelegt wird, finde ich sehr schade, weil es definitiv das Lesevergnügen trübt.
Foto: Nana - What else?
© DTV

Ein klein wenig zum Inhalt: Mara hat alles verloren. In jener verhängnisvollen Nacht, an die sie keine Erinnerungen hat, wurde ihr alles genommen. Als sie mit ihrer besten Freundin Rachel, ihrem Freund Jude und dessen Schwester einen nächtlichen Ausflug in eine alte Anstalt macht, bricht diese über ihren Köpfen zusammen und nur Mara wird aus dem Trümmern geborgen - doch sie kann sich an nichts erinnern. Um einen Neuanfang wagen zu können, beschließt ihre Familie umzuziehen, Mara und ihr Bruder wechseln die Schule. Alles auf Anfang. Doch vor der Vergangenheit kann man nicht fliehen...

Idee: Ein Mädchen ohne Erinnerung, das vor einem Abgrund steht. Ihre toten Freunde verfolgen sie in Gedanken, ihre posttraumatische Belastungsstörung lässt sie mit Halluzinationen und Anfällen kämpfen. Erst ihre Freundschaft mit Noah ermöglicht es ihr, mit ihrer Vergangenheit umzugehen, sich ihrem gefährlichen Geheimnis zu stellen und wieder an die Zukunft zu glauben.

Umsetzung: Ein Film in dem die Glücksbärchis Banken überfallen, es Kartoffelchips regnet, die Teletubbies im Hintergrund stets Purzelbäume schlagen und Liza Minelli dem Soundtrack ihre Stimme leiht, würde wohl bei jedem Zuseher für Verwirrung sorgen, auch wenn alles für sich, durchaus reizvoll sein kann. Aber was zu viel ist, ist zu viel.

Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Buch diese beide Gegensätze in sich vereinen könnte: Viel zu viel und viel zu wenig von allem. Anfangs hielt ich die stilistischen Schnitzer für Ungereimtheiten bei der Übersetzung, die für furchtbar gestelzt wirkende, unauthentische Dialoge sorgten. Aber diese waren nur die wiiinzigkleinen i-Tüpfelchen, auf einem Berg an Unstimmigkeiten, die mir die Buchstabensuppe ein wenig (sehr) versalzten. Während einige Aspekte vollkommen vorhersehbar waren, waren andere einfach nur undurchsichtig, unklar und keineswegs schlüssig. Warum muss alles in schlecht durchdachte Fantasy ausarten? Hätte es nicht auch eine solide, knifflige Story ohne (den furchtbar lächerlich wirkenden) Hokuspokus getan?
Kurz und bündig: leider enttäuschend.

Gestaltung: Eine wunderschöne Broschur, deren Anblick einem das Herzchen höher schlagen lässt. Ich liebe das Motiv, weil es offen lässt, ob das Mädchen von den starken Armen gerettet oder unter Wasser gezogen wird, ob es umarmt oder erdrückt wird. Genial gestaltet, schlicht und gleichzeitig verspielt, lässt es bereits, bevor man auch nur den ersten Satz gelesen hat,  eine düstere Atmosphäre aufkommen (die ich mir auch während des Lesens gewünscht hätte).

Soundtrack: Black Labs "This Night" ist der perfekte Soundtrack zu dieser Geschichte. Düster, geheimnisvoll: über Zweifel, Reue und verhängnisvolle Nächte.



Dieses Buch in 5 Worten: übertrieben, konfus, spannend, unauthentisch, ideenreich.

Fazit: Erwartungen sind der größte Feind der Zufriedenheit. Und weniger ist manchmal mehr.
2,5 von 5 Sternen
Broschiert: 480 Seiten
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423715367
ISBN-13: 978-3423715362