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[Keine-Rezension] Nilowsky von Torsten Schulz

Mittwoch, 22. Mai 2013

Wenn einen ein Buch zum Würgen bringt, ist das vermutlich ein sicheres Zeichen, dass man es erstmal ad acta legen sollte.

Meine Lieben, was jetzt folgt, ist etwas vollkommen Untypisches auf Nana - What else?. Eigentlich etwas Nie-Dagewesenes. Denn auch, wenn ich nicht jede Lektüre genieße, nicht jedes Buch in mir nachhallt, und ich das ein oder andere Geschreibsel lieber schneller als schnell wieder vergesse, erging es mir doch wirklich selten so, dass ich ein Buch tatsächlich abbrechen musste.

Umso schlimmer finde ich es, dass es sich dieses Mal um ein Buch handelt, auf das ich mich eigentlich wirklich gefreut hatte: Nilowsky von Torsten Schulz.

 
Ich habe zweimal von vorne begonnen und leider kostete mich jedes einzelne Umblättern Überwindung.
Es gibt heute also leider keine Rezension (und auch kein endgültiges "persöndliches" Urteil!!) zu lesen, sondern lediglich eine Begründung, warum ich dieses Buch vorerst einmal wirklich zur Seite lege. Ich werde dem Buch sicher irgendwann eine dritte Chance geben - vermutlich muss ich meinen Magen einfach besser auf diese Lektüre vorbereiten.

Nachdem ich mich durch die ersten 100 Seiten gequält habe, machte mir diese Szene nun vollends den Garaus:

Er sagte nur: "Ich will einen Vertrauensbeweis. Etwas, das uns beide verbindet. Auf immer und ewig. So etwas will ich."

"Was soll ich machen?", fragte ich.

"Ganz einfach. Du sollst mit deiner Zunge die Schiene berühren, sollst du."

"Aber wir haben Minusgrade. Die friert doch an!"

"Dir passiert nichts.Oder vertraust du mir nicht?"

Der Wind blies derart kalt über die Gleise, dass ich das Gefühl hatte, die Spucke würde gefrieren, sobald ich meine Zunge nur herausstreckte.

"Na los. Bringen wir's hinter uns. Los, mach. los!"
[...]

Ich ging auf die Knie und berührte, ohne weiter nachzudenken, mit meiner Zunge die Schiene. In Sekundenschnelle wurde sie taub und fror an. 
[...] 
Der Siebendreizehner, schoss es mir durch den Kopf. Ich schaute auf meine Armbanduhr. Noch vier Minuten,bis der Siebendreizehner kommen würde. Ich zeigte auf die Uhr, hielt sie Nilowsky hin. "Ich weiß", sagte er, "ich weiß." Mir wurde vor Angst ganz heiß, aber auch die Hitzewallung half nicht, die Zunge von der Schiene zu lösen. Nicht ein bisschen half sie. "Hilf mir, Reiner", bat ich. "Hilf mir doch, hilf mir!" Es war ein dumpfes Lallen, das ich von mir gab. Ich spürte wie mir Tränen aus den Augen flossen, während Nilowsky mit gütiger Selbstsicherheit sagte: "Natürlich helfe ich dir. Was dachtest du denn? Dass ich dir etwa nicht helfe, dachtest du das?" Ich konnte mir nicht vorstellen, das er mich nicht half. Aber Angst hatte ich trotzdem. Noch drei Minuten.  
Wieder schaltete er die Taschenlampe ein und richtete das Licht auf mein Gesicht. Auf einmal schmeckte ich etwas Warmes, Modrig-Bitteres, Salziges auf meiner Zunge. Reiners Urin. Ein lange währender, kräftiger Strahl, zielgenau. Langsam löste sich meine Zunge von der Schiene. Ich heulte vor Ekel und Wut und Dankbarkeit. Kaum dass die Zunge frei war, rannte ich die Böschung hinunter, stolperte, stürzte, kotzte. Kotzte so heftig, dass ich fast nicht mehr atmen konnte. Nilowsky war bei mir. Nahm mich in seine Arme.
[...]
Der Siebendreizehner schepperte an uns vorbei und Nilowsky sagte: "Das war der Vertrauensbeweis, war das."
[Seiten 91-92]

Es tut mir leid, ich breche an dieser Stelle ab. Allerdings mit dem Versprechen, es irgendwann erneut mit Nilowsky zu versuchen. Irgendwann.

Nichtsdestotrotz gibt's meinen persönlichen Soundtrack zum bisherigen Leseeindruck: 
Jap, der Titel ist Programm: "Disappointed" von The Frames.

 
 I'm not sad, I'm just disappointed
And I'm not mad, I'm just disappointed

Mein herzlicher Dank geht einstweilen an vorablesen.de und den Klett-Cotta-Verlag für die freundliche Unterstützung!

Gebundene Ausgabe: 284 Seiten
Verlag: Tropen Bei Klett-Cotta
ISBN-10: 3608939717
ISBN-13: 978-3608939712
Mehr Infos gibt's HIER :)